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Heute schon geliked? – Aktuelle Urteile zum Social Media Recht

Von Dr. Frank Remmertz

Immer mehr Gerichte entscheiden speziell Rechtsfragen, die für die Nutzung von sozialen Medien von großer Bedeutung sind. Hier eine Auswahl aktueller Entscheidungen.

Haftung für Hyperlinks gelockert

In einer Ende 2015 veröffentlichten Entscheidung sorgt der BGH mit Urteil vom 18.06.2015 – I ZR 74/14 – bei der Link-Haftung für mehr Rechtssicherheit. Danach haftet ein Nutzer, der für werbliche Zwecke, z.B. für den Abruf weiterer Informationen, einen Link auf die Startseite einer anderen Website setzt, für rechtswidrige Inhalte auf dieser Website grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt, wenn er konkret auf die Rechtsverletzung hingewiesen wird und den Link daraufhin nicht entfernt (notice-and-take-down-Verfahren). Dies gilt aber nur, wenn er sich die verlinkten fremden Inhalte nicht zu eigen macht und die Rechtsverletzung nicht auf der Startseite erfolgt. Im Fall des BGH waren Inhalte auf Unterseiten rechtswidrig. Nach BGH ist es für den Verlinkenden nicht zumutbar, sämtliche Unterseiten einer Website zu überprüfen. Eine unmittelbare Haftung ist aber möglich, wenn der Verlinkende einen Deeplink auf Unterseiten mit rechtswidrigen Inhalten setzt.

Facebook-Funktion „Freunde finden“ unzulässig

Der BGH hat auch erwartungsgemäß die „Freunde finden“-Funktion von facebook als belästigende Werbung eingestuft (Urt. v. 14.01.2016 – I ZR 65/14 – Freunde finden). Die Funktion war so ausgestaltet, dass facebook-Mitglieder Einladungs-E-Mails an Nicht-Mitglieder ohne deren vorheriges ausdrückliches Einverständnis versenden konnten. Obwohl die Initiative für diese E-Mails von den Mitgliedern ausging, stufte der BGH diese als belästigende Werbung von facebook ein, weil facebook die Funktion für die Gewinnung eigener Mitglieder zur Verfügung stellte. Nach der bisherigen Entscheidungspraxis des BGH kommt dieses Urteil nicht unerwartet. Es dürfte damit auch die Zulässigkeit anderer Einladungs-Funktionen in anderen sozialen Netzwerken in Frage stellen.

Framing von YouTube-Videos zustimmungspflichtig

Nachdem der EuGH das Framing urheberrechtlich grundsätzlich für zulässig erklärt hat, sofern das Video keinem neuen Publikum zugänglich gemacht wird, hat nunmehr auch der BGH (Urt. v. 09.07.2015 – I ZR 46/12 – Die Realität II) diese Grundsätze übernommen. Allerdings betont der BGH, dass für die Zulässigkeit des Framings immer zu prüfen ist, ob das betreffende Video rechtmäßig mit Zustimmung des Urhebers auf YouTube eingestellt worden ist. Dasselbe gilt für andere Werke wie Bilder oder Grafiken. Sofern es an einer Zustimmung fehlt, ist auch das Framing unzulässig. Ob das der EuGH genauso sieht, bleibt abzuwarten. Da oftmals nicht zweifelsfrei geklärt werden kann, ob das Video rechtmäßig bei YouTube hochgeladen wurde, ist bis zu einer Klärung Vorsicht geboten und die Rechtsprechung des BGH zu beachten. Zudem kann das Framing je nach Gestaltung der Website irreführend sein. Darüber haben bislang weder EuGH noch BGH entschieden.

Pflicht zur Beseitigung von rechtswidrigen Links bei Google & Co

Nach BGH (Urt. v. 18.09.2014 – I ZR 76/13 – CT-Paradies) ist die Nichtbeseitigung eines Verletzungszustandes gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung. Beispiel: Links sind noch bei Google auffindbar, die der Rechtsverletzer gesetzt und weitergeleitet hat. Nach BGH umfasst die Unterlassungsverpflichtung auch die Pflicht zur Beseitigung, sofern möglich und zumutbar. Es genügt daher nicht, nur den Link auf dem eigenen Server zu löschen. Er hat dafür zu sorgen, dass auch bei Google die Links entfernt werden. Bei geschäfts- oder rufschädigenden Inhalten in sozialen Netzwerken kann der Verletzer auch auf das „Hinwirken zur Löschung“ in Anspruch genommen werden (BGH, Urt. v. 28.07.2015 – VI ZR 340/14 – Übernahme von Falschbehauptungen durch Dritte). Das OLG Dresden hat entschieden, dass die Beseitigungsverpflichtung mindestens umfasst, auf die Löschung im Cache von Google hinzuwirken (Urt. v. 29.01.2015 – 13 U 58/14). Diese strenge Auffassung hat nunmehr auch das OLG Düsseldorf (Urt. v. 03.09.2015 – I-15 U 119/14) im Falle einer Vertragsstrafe bestätigt.

Einwilligung in Cookie-Nutzung auch durch opt-out möglich

Nach OLG Frankfurt (Urt. v. 10.12.2015 – 2-6 O 30/14) kann eine wirksame Einwilligung in die Nutzung von Cookies auch durch eine vorformulierte Einwilligungserklärung erteilt werden. In dem Fall konnte der Nutzer durch Entfernen eines voreingestellten Häkchens der Nutzung widersprechen. Unter Datenschützern ist umstritten, ob eine solche opt-out-Erklärung ausreichend oder eine vorherige Einwilligung (opt-in) zu verlangen ist. Die sog. „Cookie-Richtlinie“ der EU gibt dazu keine eindeutige Antwort. Da auf sehr vielen Webseiten Cookies eingesetzt werden, ist diese Frage von hoher praktischer Bedeutung. Das OLG Frankfurt bejaht in dem aktuellen Urteil nicht nur die Zulässigkeit einer Opt-out-Zustimmung, sondern hält es auch für ausreichend, wenn die Datenschutzhinweise über die Nutzung von Cookies über einen Link abrufbar sind. Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen (anhängig unter Az. I ZR 7/16), so dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Von Dr. Frank Remmertz

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